hier die aufführungsanweisung von tomas schmit (transkription des originalen typoskripts):

 AKTION OHNE PUBLIKUM

 24 stunden

 eine aktion laeuft ab.

dann&wann kommt publikum.
(da ich vorraussichtlich laengere zeit ohne als mit publikum sein
werde, erhebe ich selbstverstaendlich die zeiten ohne publikum zu
positiven zeiten und die zeiten mit publikum zu negativen : )

 wenn kein publikum im raum ist, laeuft die aktion ab.

sobald publikum den raum betritt, wird die aktion unterbrochen.
und erst wieder aufgenommen, wenn das publikum den raum wieder
verlassen hat.

dem publikum ist es unmoeglich, die aktion sensuell mitzuerleben.
sensuelles miterleben stoppt die aktion.
nur das erleben der gestoppten aktion ist demn publikum moeglich.
(eine aktion laesst sich tun, nicht erleben.)
mobilem publikum statisches („standphotoʺ-)erleben.
mehrmaliges statisches erleben ermoeglicht es dem publikum,
auf den ablauf der aktion zu schliessen.

je oefter das publikum die aktion besucht (stoppt) und wieder
verlaesst (wieder in gang bringt), umso genauer kann es auf den
ablauf der aktion schliessen.

die eigentliche simultanaktion (für das bewusstsein des
publikums):
sie geschieht nur, wenn es nicht an ihr (sondern an anderem)
teilnimmt;

eine 24-stunden-aktion kann kaum so aussehen, dass sie dem
publikum
etwas „bietetʺ meine rechnet damit, dass das publikum mir ewas
bietet: erholung.

 24 stunden agieren wuerde mich toeten : ich bin auf das publikum angewiesen :

wenn SIE mich besuchen, kann ich mich ausruhen:

 ich erwarte SIE sehnlichst;

die „aktion ohne publikum" war der beitrag von tomas schmit zum legendären 24-stunden-happening, 1965 in der galerie parnass in wuppertal. weitere teilnehmer/innen waren joseph beuys, nam june paik, charlotte moorman,wolf vostell, bazon brock und eckart rahn. t.s. benutzte als aktion sein piece 1, den „zyklus für wassereimer oder flaschen". er hat seine „aktion ohne publikum" dann nie wieder aufgeführt. 

ich halte dieses stück (wie auch den „zyklus") für so stark, dass es sich lohnt, es tatsächlich auf seine aktualität zu befragen und als stück, so wie es ist, wieder neu aufzuführen, auch wenn t.s. sich das vermutlich nicht so gedacht hat. die aufführungs-anweisung aus dem t.s.- archiv lässt diese sichtweise aber ohne weiteres zu. dabei möchte ich mich als interpret an die vorgaben von t.s. halten. ich werde allerdings die performance von t.s. nicht nachspielen und habe mich auch dazu entschlossen, eine andere aktion zu verwenden als t.s.:

hartmut andres: konzept für eine wiederaufführung im oktober 2021

ein haus in der tübinger weststadt, darin eine leerstehende wohnung, darin ein leergeräumtes zimmer. an den wänden die spuren der ehemaligen bewohner/innen.

die wohnung ist öffentlich zugänglich während der ganzen aktion.

in diesem zimmer werde ich 24 stunden lang eine aktion durchführen. auch diese aktion hinterlässt ihre spuren an den wänden des zimmers.
immer wenn publikum das zimmer betritt unterbreche ich die aktion und nehme sie wieder auf wenn das publikum den raum verlassen hat.

 was ist die kunst? wo ist die kunst?

 ich freue mich auf Ihren besuch und das gespräch mit Ihnen, Sie sind herzlich eingeladen!